Tafelputzen will geübt sein
- moritzweinstock
- 1. Sept. 2023
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 15. Nov. 2024
Ich will üben. Kürzer schreiben, prägnanter, knallhart auf den Punkt gebracht. Meist schreibe ich zu blumig. Dachte immer, das kommt gut, zeugt von sprachlicher Stärke. Aber das Gegenteil ist der Fall. Schirach weiß das. Strafverteidiger, Anwälte, Richter vielleicht generell. Muss ja alles präzise sein, im Recht. Sonst sitzt jemand zu lang und ein anderer zu wenig. Schuld muss gerecht bewertet werden. Und ich mache mich schuldig an dir, wenn ich zu blumig schreibe. Also verwende ich jetzt ein Wort auch zweimal. Ist einfacher. Oben blumig, gerade blumig und jetzt schon wieder. Was soll’s! Ich hoffe, du verstehst mich. Und verzeihst mir? Gleichzeitig plagt mich die Frage, wo und ob und wenn ja, wie ich den Rotstift nun ansetzen soll? Schwamm drüber! Feucht vielleicht, wie beim Tafelputzen. Abziehen nicht vergessen! Darin war ich immer gut. Zu Schulzeiten liebte ich es, die Tafel zu putzen. Speziell in Fächern, in denen ich schlecht war. Wenn die Tür aufging und der Lehrer eintrat, stand ich bereits vorn und putzte sie brav. Hoffte, dass mich das vor der Abfrage bewahrt. War ja schon da, muss nicht gleich wieder hin. Wer sie säubert, darf sie nicht beschmieren. Aufgaben sollten klar verteilt sein. Gerecht muss es zugehen, dachte ich mir. Aber Schule ist oft nicht gerecht und manchmal stand ich dann trotzdem wieder an der Tafel. Doch sie blieb leer. Wusste ja nichts. Und jetzt sitze ich auf meiner Couch und schreibe brav, ohne irgendwas davor abgezogen zu haben. 8 Uhr morgens, keine Abfrage. Kein Lehrer, der mich zu Dingen zwingt, die ich nicht machen kann. Üben, üben, üben. Gräßliches Mantra. Hat damals nicht funktioniert, geht heute schon besser. Schön ist es deshalb noch immer nicht. Aber Meister fallen bekanntlich nicht vom Himmel, also heute mal üben. Was soll’s, Schwamm drüber.
