- 14. Feb. 2024
Manchmal, ja manchmal muss man schreien und schimpfen, aus Verärgerung oder Frust, jedenfalls aus voller Seele und mit der tiefen Absicht, laut zu sein, wie ein eingesperrter Hund an seiner eisernen Leine. Handschnellen haben sie mir angelegt, diese menschlichen Schweine. Weil sie nicht nur die Freiheit meiner Hände, sondern auch meiner geistigen und moralischen Überlegenheit fürchten. Jawohl, «ich sag's, wie's ist», höre ich mich diese abgestumpften Arbeitstiere mit einem boshaften Lächeln zitieren. Was sind das nur für Menschen, die sich nach außen hin modern geben und mit der digitalen Synchronisation ihres beruflichen wie auch privaten Lebens angeben, so als gäbe es nichts schöneres als einen einzigen gemeinsamen Kalender mit allen Aufgaben und Pflichten auf ein und demselben Gerät. Ein Smartphone, nur eines streckt dieser Vater einer mittlerweile erwachsenen Tochter in die Höhe und freut sich kindhaft über seine neue Smartwatch, mit der er jetzt trotz Zuckerkrankheit und notorischem Bewegungsmangel die Schönheit seines Bürolebens tracken will. Chapeau, du alter Schreibtischhengst, die Falten stehen dir gleich viel besser, so vermessen wie sie jetzt sind. Nur die Arbeit scheut auch damit nicht vor dem heiligen Wochenende zurück. Nein, noch immer sehe ich dich nachts um 23 Uhr an einem ehemals sonnigen Samstag in Firmendokumenten arbeiten, weil du das Loslassen verlernt hast. Auch du trägst zur Uhr ein paar schöne stählerne Reifen ums Handgelenk, mit dem Unterschied, dass du die Handschellen im Gegensatz zu mir mit Stolz zu tragen scheinst. Ja, du trägst sie wie Schmuck, während ich mir die beste Vaseline herbeiwünsche, um sie irgendwie und möglichst schmerzfrei abzustreifen. Doch sie sind eng, so eng, wie ich sie nie wollte. Heimlich haben sich ihre Rasten verschoben, sind enger geworden, zu eng. Anfangs waren sie kaum zu spüren und da gefielen sie mir, so ehrlich muss ich sein! Weil sie Zugehörigkeit versprachen und, so log ich mir vor, dem Leben einen Sinn geben. Arbeit, Lohnarbeit, angestellt sein, dabei sein und durch monatliche Zahlungen das Gefühl von Freiheit erlangen. Pah! Dieser hässliche Deal stinkt meilenweit bis in die tiefsten Schubladen eines eisig-feuchten Buchhalterzimmers hinein. Und dort modert er vor sich, dieser Deal, und braucht sehr lange, bis er in das Bewusstsein eines Arbeitstieres findet. doch nur selten schafft er es aus dem Holz heraus, frisst sich stattdessen fest und belegt dort jede Faser, jeden Lebensring des nun zum zweiten Mal sterbenden Baumes. Oh Leben, was bist du nur für ein schmerzlich-schöner Betriebsunfall!
